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Neue Empfehlungen zur Hormonbehandlung
in den Wechseljahren

Eine Hormonersatzbehandlung mit Östrogenen ist nach wie vor das wirksamste Mittel gegen Wechseljahresbeschwerden (Wallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Scheidentrockenheit). Nach einer unkritischen, von der Pharmaindustrie geförderten Begeisterung in den 1990er Jahren kam 2002 mit der WHI-Studie eine abrupte Wende, und viele Frauen setzten ihre Hormone aus Sorge vor Brustkrebs und Thrombosen ab. Inzwischen liegen weitere Ergebnisse vor, welche ein differenziertes Bild zeichnen. Die Schweizerische Krebsliga hat zusammen mit elf medizinischen Fachgesellschaften ein aktuelles Grundsatzpapier erarbeitet.

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Brustkrebsrisiko

Von tausend 50jährigen Frauen werden bis zum Alter von 65 Jahren ohne Hormone 43 an Brustkrebs erkranken, mit Östrogenen während fünf Jahren 44-45 Frauen, mit Östrogenen+Gestagenen 49 Frauen. Bei einer Behandlungsdauer von zehn Jahren nimmt das Risiko noch stärker zu:

 

 

Zum biologischen Verständnis muss man beachten:

  • Brustkrebs ist häufig (jede achte bis neunte Frau erkrankt daran). Die überwiegende Mehrzahl der Brustkrebs-Fälle ist nicht auf Hormonbehandlung zurückzuführen. Natürliche Östrogene aus den Eierstöcken stimulieren die Brust ebenso wie Hormonpräparate; wer mit 50 Jahren in die Wechseljahre kommt und bis 55 Hormone nimmt, hat dasselbe geringe Zusatzrisiko wie eine Frau, die auf natürliche Weise bis 55 Jahre menstruiert.
  • Schädlich ist vor allem die Kombination aus Östrogenen und Gestagenen. Diese ist aber nötig, um eine einseitige Stimulation der Gebärmutterschleimhaut zu verhindern. Frauen nach Gebärmutteroperation haben also einen deutlichen Vorteil, weil sie reine Östrogene einnehmen können. Eine innovative Lösung für die übrigen Frauen ist, den Schutz der Gebärmutter mit einer Gestagen-Hormonspirale zu bewerkstelligen.
  • Das Zusatzrisiko durch Hormonpräparate muss in Relation gesetzt werden zu anderen Faktoren der Lebensführung. Insbesondere Übergewicht ist viel schädlicher als jahrzehntelange Hormonbehandlung, weil im Fettgewebe gewisse Östrogene entstehen:

 

 

Allgemeine Empfehlungen

  • Hormonbehandlung soll nur zur Verbesserung einer stark gestörten Lebensqualität eingesetzt werden, keineswegs zur Vorbeugung von Krankheiten wie Herzinfarkt oder Osteoporose.
  • Hormonbehandlung soll so niedrigdosiert wie möglich und so kurz wie möglich sein. Nach Absetzen können die Wechseljahresbeschwerden wieder auftreten.
  • Pflanzliche Präparate sind eine Alternative. Sie sind aber häufig weniger wirksam, und ihre Langzeit-Unbedenklichkeit ist auch nicht erwiesen (insbesondere bei Soja-Extrakten).

 

Meine Meinung

  • Es gibt Tausende von Frauen ohne wesentliche Wechseljahresbeschwerden, aber auch Tausende, die sehr stark leiden und sich mit Hormonen unvergleichlich besser fühlen.
  • Nach ausführlicher Information ist es auch heute absolut statthaft, für eine beschränkte Zeit (maximal etwa fünf Jahre) Hormone zu verschreiben.
  • Eine normalgewichtige Frau mit Hormonen lebt sehr viel gesünder als eine übergewichtige Raucherin und regelmässige Alkoholkonsumentin.
  • Die informierte Frau entscheidet selbst über Art und Dauer der Hormonbehandlung. Das Abwägen von Lebensqualität und Krankheitsrisiken ist immer individuell ("dem Leben mehr Jahre oder den Jahren mehr Leben?").